Richtig üben - mit Konzept

Liebe Posaunistin, lieber Posaunist,

ganz bestimmt übst du regelmäßig? Du weißt ja, dass die Posaune ein relativ undankbares Instrument ist und bestimmt hast du auch schon die Erfahrung gemacht, dass z.B. nach einem Urlaub alles nicht mehr so klappt, wie vorher. Gerade der Ansatz verzeiht uns eine Zeit des Nichtstuns nicht so schnell. Mir ist immer wieder aufgefallen, dass Musiker einfach "drauf los" üben. Sie nehmen das gerade benötigte Musikstück und legen los. Oft kommt es dabei vor, dass man an immer denselben Stellen stolpert und nicht weiterkommt. Bestimmt ist auch dir schon einmal das Schlagwort "Zeitmanagement" begegnet. Ja, im Job ist das klar. Da muss man sich organisieren. Aber Posaune spielen ist doch mein Hobby! Je nachdem in welcher Lebenssituation du dich befindest wirst du mehr oder weniger Zeit fürs Üben erübrigen können. Aber gerade wenn die Zeit knapp ist, kommt es besonders darauf an, diese Zeit effektiv zu nutzen. 

Wie oft muss ich üben?

Wenn du kein Kind mehr bist und nicht von deinen Eltern gezwungen wirst ein Instrument zu erlernen, MUSST du überhaupt nicht üben. Ein Musikstück, das man richtig gut spielen kann, macht Spaß. Nicht nur beim Konzert, sondern auch schon in den Proben.

Darum solltest du sagen: ich WILL üben. Ich WILL weiterkommen; ich WILL von den anderen mit meinem Spiel anerkannt werden; ich WILL, dass wir beim Konzert eine tolle Gemeinschaftsleistung bringen. Damit hast du den ersten wichtigen Schritt bereits gemacht.

DU selbst hast es in der Hand. Dazu noch ein Gedanke: nicht nur Jugendliche laufen Gefahr zu sagen: "Oh, morgen habe ich Unterricht/ Probe, da muss ich heute schnell noch üben". Etwas uneffektiveres, als so zu üben, gibt es kaum!

Tipp:  Nicht durch einmaliges, hastiges Üben gelangst du ans Ziel, sondern durch REGELMÄSSIGES Üben.  

Wie lange will ich üben?

"Ach, ich habe nur noch 5 Minuten Zeit, da brauche ich gar nicht erst anzufangen". Diesen Satz habe ich so, oder ähnlich, schon oft gehört. Aber das ist Unfug. JEDE Minute, die du fürs Üben investieren kannst, ist gut investierte Zeit. Natürlich wäre es großartig, wenn du jeden Tag eine Stunde üben könntest, aber die meisten Menschen haben Beruf und Familie, Freunde und weitere Hobbies dazu.

Ich weiß, da ist es schwierig die Zeit aufzubringen. Jeden Tag 15 Minuten sind schon prima, 20 bis 30 Minuten richtig gut. Aber: jeden Tag 5 Minuten ist viel besser, als einmal pro Woche eine Stunde.

Wenn du deine Posaune nicht im Koffer oder Gigbag aufbewahrst, sondern zu Hause spielbereit auf einem Ständer stehen hast, ist die Hemmschwelle zum Üben "mal eben zwischendurch" schon überwunden. Dann brauchst du nichts auszupacken und zusammenzustecken, sondern du kannst sofort loslegen.

Tipp: lasse deine Posaune zu Hause spielfertig auf einem Ständer stehen. Das motiviert auch zu kurzem Üben und ist darüber hinaus auch besser für dein Instrument.

Tägliches Übeprogramm

Für dein tägliches Übeprogramm solltest du dir eine feste Reihenfolge angewöhnen. So hast du die Gewähr, dass du alle Aspekte des Posaunenspiels berücksichtigst. Aus meiner jahrelangen Erfahrung schlage ich dir diesen Ablauf vor:

1.    Generelles Warm- Up

Bring deinen Körper in Schwung und bereite ihn aufs Spielen vor. Strecke die Arme nach oben und lass sie mit wie mit einem lauten Gähnen wieder sinken. Öffne den Mund richtig weit (es sieht ja niemand zu) und lass beim Gähnen die Tohnhöhe im gleichen Maß absacken. Mit dieser Übung erreichst du eine hervorragende Enstpannung des ganzen Kehlkopfes.

2.    Warm-Up für die Atmung

Spitze die Lippen wie zum Pfeifen. Durch diese kleine Öffnung ziehst du nun tief die Luft ein. Dabei atmet dein Körper automatisch richtig, denn er hat das Gefühl, gegen einen Widerstand einatmen zu müssen. Du atmest automatisch mit dem Zwerchfell. Wederhole das ein paar Mal. Dann bläst du die Luft einige Male durch die noch gespitzten Lippen stoßweise wieder aus, als ob du eine Reihe von Kerzen auspusten wolltest. Dabei sollte dein Zwerchfell ebenfalls automatisch aktiv werden.

Beide Teile dieser Übung kannst du kontrollieren, indem du mit beiden Händen, Daumen und Zeigefinger wie zu einem "L" abgespreizt seitlich leicht unterhalb der Rippen anlegst. Dann spürst du, wie beim Ein- und Ausatmen das Zwerchfell die Hände nach außen drückt.

Letzter Teil dieses Abschnittes: nimm dir einen kleinen Zettel, stelle dich vor eine Wand oder eine Türe und versuche, den Zettel mit gespitzten Lippen "an die Wand" zu blasen und so lange, wie möglich dort zu halten. Auch das wird nur funktionieren, indem du durch das Anspannen der Bauchdecke dein Zwerchfell benutzt. Das ist die sagenumwobene Atemstütze.

3.    Die ersten Töne

Jetzt nimmst du die Posaune zur Hand, holst tief Luft und spielst vom großen "Bb" auf dem ersten, bis zum "E" auf dem siebten Platz jeden Ton, solange du ihn halten kannst. Damit kombinierst du die Atmung mit den ersten Lippenschwingungen. Das festigt den Ansatz, ist gut für einen schönen Ton und ist darüber hinaus auch hilfreich für spätere, hohe Passagen.

4.    Bindung und Stoß

Ich habe dir bereits in einem früheren Profitipp (professioneller Posaune spielen- Teil 2) Lippen- und Zungenübungen vorgestellt. Diese Übung gehört seit Jahren zu meinem täglichen Pflichtprogramm und ich habe damit die besten Erfahrungen gemacht. Spiele diese Übung auf allen 7 Plätzen, einmal gebunden, einmal jeden Ton kurz angestoßen.

Regelmäßiges Training

Wahrscheinlich sind nach diesen 4 Übungen 5-10 Minuten deiner Übezeit schon rum. Selbst wenn deine Zeit an manchen Tagen für mehr nicht reichen sollte: mit Hilfe dieses Trainings hältst du das Niveau deines Ansatzes und Tones auf einem stabilen Level. Die Posaune macht was DU willst- und nicht anders herum. Wenn du mehr Zeit zum Üben hast- bestens! Dann bist du jetzt auf das Spielen von Übungen deines Lehrers, oder das Üben an einem Musiktitel perfekt vorbereitet. Beides wird dir nach einem solchen Warm-Up mit Sicherheit besser gelingen und schneller zum Erfolg führen, als wenn du kalt und unvorbereitet direkt mit schwierigen Passagen beginnst.

Viel Erfolg und Freude,