Eine Querflöte verfügt über einen festgelegten Rohrdurchmesser, die Länge des Rohres wird durch die unterschiedlichen Griffe verändert (Tonhöhe).
Es gibt ein Anblasloch mit einer Anblaskante, über welche der Lippenspalt exakt und möglichst parallel durch die Flötistinnen und Flötisten positioniert werden muss ("sauberer Ton"). Der Lippenspalt muss in seiner Form und Größe dem jeweiligen Ton angepasst werden,
die Richtung des Luftstromes muss an die jeweilige Tonhöhe angepasst werden (Überblasen, Klangfarben, Dynamik, Intonation).
Der Mundinnenraum ist veränderbar, wir können den Kiefer mehr schließen oder öffnen, vor- oder zurückschieben und wir können durch die Position der Zunge mit unterschiedlichen Vokalen diesem "Ansatzrohr" eine unterschiedliche Form und einen unterschiedlichen Durchmesser geben (Dynamik, Intonation).
Durch das Ansatzrohr und den Lippenspalt strömt die Luft in einer Menge und Stärke, die wir durch unsere Atemmuskulatur steuern (Stütze).
Wie ist das nun bei unseren Verwandten- den Blockflöten?
Sie verfügen auch über einen festgelegten Rohrdurchmesser und verändern die Tonhöhe durch Griffe. Der Schneidenkante steht ein in seiner Größe und Form fixierter Kernspalt gegenüber, parallel und perfekt ausgerichtet. Das Überblasen funktioniert mit einem teilweisen Öffnen des Daumenlochs (Veränderung des Schwingungsverhaltens im Rohr). Das Ansatzrohr ist jener Teil in den man hinein bläst. - genannt Windkanal. Sein Durchmesser und seine Form sind durch den Instrumentenbauer fixiert. Bleibt also als flexibelster Teil die Atemmuskulatur und Möglichkeiten im Mundinnenraum Luftdruck und Geschwindigkeit zu beeinflussen.
Gemeinsam mit der Blockflöte ist der Orgelpfeife die festgelegte Größe und Ausrichtung des Kernspaltes.
Jedoch hat die Orgel für jeden Ton einen speziellen Pfeifendurchmesser! Dieser beeinflusst die Luftgeschwindigkeit.
Jede Pfeife hat einen "Pfeifenfuß"- er entspricht dem Ansatzrohr bzw. Windkanal und ist bei jeder Pfeife anders gebaut.
Die Orgel hat viele Register und kann damit unterschiedliche Dynamiken und Klangfarben erzeugen. Hier hat auch jeder Ton seine eigene Pfeife.
Die Orgel hat ein starres Gebläse, die Flexibilität steckt in der Vielfalt der Pfeifen.
Wenn wir das alles so betrachten, haben die Querflötistinnen und Querflötisten die meisten Variablen zu bedienen. Und sie müssen sie optimal aufeinander abstimmen, um ein gutes Spiel hervorzubringen. Darin liegt eine große Herausforderung, die auch eine lange und tiefgehende Beschäftigung mit dem Instrument erfordert. Die Dinge fallen aber leichter, wenn man die Zusammenhänge besser versteht.
Dabei kann uns nun der Gartenschlauch helfen: Schläuche bekommen wir in verschiedenen Durchmessern.
Schicken wir aus dem gleichen Wasserhahn die gleiche Menge Wasser durch die verschiedenen Schläuche mit offenen Enden, wird dieses Wasser eine unterschiedliche Geschwindigkeit haben.
Analogie Mundinnenraum: Kieferposition, Vokale
Dann haben Gartenschläuche Düsen mit denen wir bestimmen, wie weit und schnell sie spritzen sollen- enge Düse= schneller Strahl, geöffnete Düse= langsamer Strahl.
Analogie Lippenspalt
Dann haben wir den Wasserhahn- mehr oder weniger aufgedreht- unterschiedliche Menge und Geschwindigkeit von Wasser.
Analogie Atemmuskulatur
Und wir können dem Gartenschlauch eine Richtung geben, das Wasser mit unseren Händen näher zu uns heran oder weiter von uns weg lenken.
Analogie: Kieferposition, Lippenbewegungen/Anblaswinkel
Tiefe Töne benötigen im forte relativ viel, aber langsame Luft. Weitere Kieferöffnung, dunklerer Vokal, z.B. "ö", breiterer und höherer Lippenspalt, Lippen lenken die Luft steil in die Flöte.
Mittellagen- Töne benötigen schnellere Luft, aber nicht zu viel- sonst krachen sie weg. Bekommen sie die schnelle Luft nicht, sind sie im mf und p oft zu tief. Kiefer vorwärts und aufwärts bewegen, Vokal "ü", Lippenspalt wird durch eine Bewegung der Lippen verkleinert, Lippen nähern sich der Anblaskante und lenken die Luft direkt auf die Anblaskante. Oder ein Beispiel aus dem Bereich der Intonation:
Ein ff wird mit sehr viel Luft gespielt, diese darf aber nicht zu schnell sein, sonst wird der Ton viel zu hoch, also müssen das Ansatzrohr und der Lippenspalt groß sein und der Anblaswinkel steil.Und umgekehrt darf das pp nicht zu tief sein:
Wir benötigen wenig, aber sehr schnelle Luft, dies bedeutet: schlankes Rohr, Vokal "i", kleiner Lippenspalt, flacherer Anblaswinkel.
Liebe Querflötistinnen und Querflötisten:
Dies alles zeigt uns, dass unsere Körper ständig in einem elastischen Zusammenspiel die vielen Pfeifen der Orgel abbilden müssen, denn die Flöte ist ja nur ein Rohr!
Deshalb sagt André Jolivet sinngemäß, die Flöte sei das vollkommenste aller Instrumente, da sie dem Menschen direkt aus der Seele spricht!
Mehr Information findet Ihr in meinem Heft "fit for the flute - Klang und Intonation" (UE 31292).
Viel Erfolg!