Growl-Technik, auch genannt Growling

Einleitung

Wer kennt nicht diese beeindruckenden und expressiven Saxophonsolos, in denen das Saxophon so richtig am "schreien ist"? In der Rockmusik fällt einem da womöglich sofort "Simply The Best" von Tina Turner ein, oder "Unchain My Heart" von Joe Cocker. Unter den Altmeistern des Saxophons sollten hier aber auch unbedingt King Curtis genannt werden, oder die im Jazz der siebziger Jahre sehr populäre Gato Barbieri und Pharao Sanders.
Aber bleiben wir bei den beiden oben erwähnten Rocksongs. In beiden Solopassagen wurde das Saxophon mit einer Soundtechnik gespielt, die wir "Growl" oder "Growling" nennen, manche Saxophonisten sprechen hier auch von "Vocalizing".

Die Technik des Growlings

Die dazugehörige Technik ist eigentlich ganz simpel: Zu dem gespielten Saxophonton singen (oder summen, bzw. brummen) wir noch einen zweiten Ton hinzu. Welchen Ton du dabei singst, ist zunächst einmal Nebensache, es sollte aber nicht der gleiche Ton sein, den du gerade auf dem Saxophon spielst, denn dieser erzeugt ein etwas merkwürdiges "Blubbern".
Am besten kannst du dies vermeiden, indem du bei hohen Saxophonpassagen bewusst irgendeinen tiefen Ton singst und bei tiefen Passagen genau umgekehrt: hier singst du hohen Ton.
Es geht bei der "Growl"-Technik auch weniger um den speziellen Ton, den du gerade singst oder summst. Vielmehr erzeugt das Mitschwingen deiner Stimmbänder einfach diesen "dreckigen" und "kratzigen" Sound.

Es ist wie Fahrradfahren lernen - wenn´s klappt, dann klappt´s

Die Erklärung zum "Growl" klingt natürlich zunächst einmal vollkommen simpel (und das ist sie auch). Und dennoch tun sich viele Saxophonisten erst einmal etwas schwer damit, denn es ist schon etwas ungewohnt, zu spielen und gleichzeitig zu singen. Aber wer diese Technik erlernen will, für den ist das zuweilen so, wie bei den Kids beim Fahrradfahren: sie probieren und probieren und es will nicht so recht klappen... und irgendwann haben sie den Dreh raus und müssen es auch nicht mehr üben, denn sie können es jetzt einfach.
Ähnlich ist das beim "Growl": am Anfang tut man sich vielleicht etwas schwer mit dieser Spielweise, aber wenn man den Dreh einmal raus hat, dann weiß man wie es geht und muss es auch nicht mehr üben.

Übung 1 - Growling bei hohen Tönen

"Üben" - oh, gutes Stichwort...
Am leichtesten kriegen wir diese Technik hin, wenn wir erst einmal irgendeinen hohen Ton spielen und dazu einen tiefen Ton singen:
1) Spiele zuerst mit deinem sauberen Klang ein A in der zweiten Oktave.
2) Danach singst du irgendeinen tiefen Ton - ich hatte weiter oben auch von "brummen" oder "summen" gesprochen, es muss also kein opernreifer Ton sein.
3) Nun singst du nochmals diesen tiefen Ton und während du ihn singst, nimmst du dein Saxophon in den Mund und spielst gleichzeitig den hohen Ton dazu
So, das war´s auch schon! Bei manchen Saxophonisten klappt dies auf Anhieb, bei anderen noch nicht sofort. Lass dich nicht entmutigen und denke an das Fahrradfahren: probier´s einige Male aus und irgendwann hast du den Dreh raus.

Übung 2 - Growling bei tiefe Tönen

Nun üben wir das "Growling" bei tiefen Tönen: Spiele zuerst einen tiefen Ton, sagen wir mal das F in der unteren Oktave, danach singst du irgendeinen hohen Ton und versuchst danach Beides gemeinsam.

Übung 3 - jetzt mit Fall Off (Glissando)

Bei den folgenden Übungen kommt es nun darauf an, dass beide Töne (also der gespielte Saxophonton und der gesungene "Growl"-Ton) gleichzeitig beginnen.
Weil es sich hier um einen sehr expressiven Stil handelt, könnte es schön klingen, wenn du die letzten Noten jeder Phrase mit einem "Fall Off" (also einem schnellen abwärts verlaufendem Glissando) beendest.

Licks mit Growl - wichtig ist auch der Zwerchfelldruck

Hier noch ein paar melodische Linien, die dir zeigen, wie der "Growl" in einem melodischen Zusammenhang klingen kann. Dabei wirst du bemerken, dass dieser Sound oft bei langen Tönen und langsameren Passagen am besten zur Geltung kommt. Die Stellen sollten immer kräftig und mit genügend Zwerchfelldruck gespielt werden.

Schlusswort

Zu Beginn  dieses Artikels habe ich schon einige Rocksongs erwähnt, in denen das "Growling" gut zur Geltung kommt. Als Jazz- und Instrumentalstücke fällt mir auf Anhieb "Watermelon Man" und "Mercy, Mercy" ein, aber du kannst natürlich jeden Song, den du in deinem Repertoire hast, einmal ausprobieren. Besonders bei fetzigen und bluesigen Titeln könnte der "Growl" super klingen.

In diesem Sinne: viel Spaß beim SAXXXEN!

Euer

Dirko Juchem