Warm-Ups für Saxophonisten

Einleitung

"Es gibt keine schwierigen Tonarten, es gibt nur Tonarten, die man nicht genügend geübt hat." Dieser Ausspruch meines ersten Lehrers Emil Mangelsdorff, der auch heute noch zu den ganz großen Saxophonisten der deutschen Musikszene zählt, ist mir über all die Jahre immer im Kopf geblieben.Womöglich könnte man den Einwand bringen, dass eine C-Durtonleiter, bei der man über weite Strecken immer nur einen Finger wegnehmen muss, viel leichter zu spielen ist, als zum Beispiel eine Fis-Durtonleiter, bei der man für fast jeden Tonwechsel mindestens zwei Finger synchron bewegen muss. Demzufolge sind dann auch Melodien und Songs in C-Dur leichter zu spielen, als Melodien in Fis- Ab-, Db- oder H-Dur.Aber der Kern dieser Aussage bleibt natürlich immer richtig: wir sollten uns beim Üben mit den unbequemen Tonarten genauso intensiv beschäftigen, wie mit den angenehmen Tonarten. Sind viele der Songs, die wir im Musikverein, im Saxophonquartett oder auch in der Big Band spielen, in Tonarten arrangiert, die für Bläser einigermaßen angenehm zu greifen sind, so wird dieses Thema umso wichtiger für Saxophonisten, die auch einmal in einer Rock- oder Bluesband spielen wollen. Hier richten sich die Tonarten der Songs nicht nach den Bläsern, sondern nach den Gitarristen und die spielen nun mal gerne in E-Dur oder A-Dur. Das heißt für uns Saxophonisten dann schnell: Cis-, Fis- oder H - Dur.

Wellenübungen

Ich möchte euch hier einmal eine ganz einfache Fingerübung vorstellen, die jeder Saxophonist ganz leicht als "Warm Up", also als tägliche Einspielübung benutzen kann. Ich erkläre die Übung zunächst einmal in C-Dur, aber später geht es dann natürlich darum, diese auch in den anderen Tonarten zu spielen. Sehen wir uns die erste Zeile der Noten einmal genauer an.Wir spielen die ersten fünf Töne der C-Durtonleiter hoch und wieder zurück. Wenn wir dies sehr gleichmäßig und mehrmals hintereinander tun (wenigstens viermal, besser sechs- oder achtmal), dann klingt das ein bisschen, wie eine Welle, die sich ständig vor und zurückbewegt. Deshalb nennt man diese Übung "Wellenübung". Wir sollten diese Übung immer mit einem Bindebogen spielen, also keine Töne anstoßen, denn dadurch sind wir gezwungen, die einzelnen Tonwechsel umso genauer mit den Fingern durchzuführen. Wir sollten die Übung erst einmal in einem angenehmen Tempo spielen, nicht zu schnell", denn es geht hierbei darum, dass wir die einzelnen Tonwechsel sehr genau und präzise spielen. Wir trainieren auch automatisch unseren Ansatz mit dieser Übung, wenn wir sie mit einem schönen Ton und möglichst leise spielen (unsere Nachbarn werden es uns danken!).Sind wir mit der ersten Zeile fertig, gehen wir zum nächsten Ton und spielen die gleiche Übung von dem Ton D aus. Und so weiter, bis zu unserem höchsten Ton F3. Üben wir dieses "Warm Up" also gewissenhaft jeden Tag, so zwingen wir uns automatisch dazu, auch immer die ganz hohen Töne zu üben.

Wellenübungen aufwärts

Sind wir oben angekommen, dann üben wir in der gleichen Art vom mittleren C aus nach unten. Diesmal habe ich nicht alle Übungen notiert, denn das Prinzip jeder einzelnen Zeile ist immer das Gleiche. Wir sollten die Wellenübung natürlich immer bis zu dem tiefsten Ton üben (also H oder Bb - je nach Tonart), was uns mit der Zeit auch im Spiel der tiefen Lage fit macht.

Wellenübung abwärts

Tonarten

Sind wir an dem einen Tag mit C-Dur durch, dann üben wir am nächsten Tag in einer anderen Tonart. Gerade bei den schwierigeren Tonarten (mit vielen Kreuzen oder Bs) werden wir merken, dass es auch im Langsamen Tempo nicht immer leicht ist, jeden Tonwechsel ganz sauber zu spielen. Und genau dafür ist diese Wellenübung da!

Wir können zum Beispiel nach dem Quintenzirkel üben:

1. Tag: C-Dur / 2. Tag: G-Dur / 3. Tag D-Dur / dann: A / E / H / Fis / Db / Ab / Eb / Bb / F / C

Oder in Quarten wechseln:

1. Tag: C-Dur / 2. Tag: F-Dur / 3. Tag Bb-Dur / dann: Eb / Ab / Db (Cis) / Fis / H / E / A / D / G / C

Oder wir üben chromatisch:

1. Tag: C-Dur / 2. Tag: Db-Dur (Cis) / 3. Tag D-Dur / dann: Eb / E / F / Fis / G / Ab / A / Bb / H / C

Welches System jeder bevorzugt ist vollkommen egal. Wichtig ist einfach, dass wir uns selber dazu zwingen, auch wirklich nach und nach alle Tonarten zu üben. 

Tempo

"Geschwindigkeit ist keine Hexerei" - noch so ein schönes Zitat. Wir sollten diese Übungen erst einmal in einem langsamen und bequemen Tempo üben, vielleicht so ca 60 bis 80 "beats per minute".
Dies ist eine typische Metronombezeichnung und so ist auch das Metronom ein geniales Hilfsmittel für diese Warm Ups. So nach einigen Wochen Training kann man dann das Tempo langsam steigern, aber immer nur so weit, dass wir die einzelnen Tonwechsel sauber greifen können und nicht anfangen, zu "huddeln".

Üben zu Playbacks

Sehr viel angenehmer, aber auch effektiver als das Üben mit einem Metronom, ist das Spielen zu Playbacks. Hier kann ich zum Beispiel das Buch "Saxophone Sound" (Schott Verlag) empfehlen: auf der beiliegenden CD gibt es 12 Songs, jeder genau im gleichen Tempo (120 bpm), aber jeder Song in einer anderen Tonart. Zu diesen Playbacks könnten wir unsere Wellenübung zunächst einmal ganz langsam in Viertelnoten (anstatt Achtel) spielen und uns später dann auf Achtel oder sogar auf Sechzehntel steigern.Neben dem größeren Spielspaß haben die Playbacks aber auch den positiven Effekt, dass wir gleichzeitig zu den Fingerübungen auch ständig unsere Intonation kontrollieren können. Wenn wir beim Spielen zur CD genau zuhören, werden wir sehr schnell merken, welche Töne auf unserem Saxophon gerne mal zu hoch oder zu tief sind und diese mit der Zeit automatisch mit dem Ansatz ausgleichen.So cirka fünf bis zehn Minuten sollten diese Übungen am Tag in Anspruch nehmen. Eine Zeit, die sehr gut investiert ist, denn nach diesen "Warm Ups" seid ihr gut gerüstet für euer weiteres Üben oder Spielen.

So, bleibt mir nur noch euch viel Spaß zu wünschen,